Nico Fehlhauer: „Ich war nicht der Filigrane“

Neun Jahre lang prägte Heiko Becker das Bild an der Seitenlinie des Fußball-A-Ligisten Cheruskia Laggenbeck. Seit diesem Sommer ist ein neuer Mann am Werk: Nico Fehlhauer. Im Interview mit unserem Medienhaus erklärt er, was seiner neuer Club für ihn ausmacht, blickt auf seine Zeit als Profi beim VfL Osnabrück zurück und gibt eine Einschätzung über sich selbst als Trainer ab.

Interview mit dem neuen Cheruskia-Coach Mittwoch, 23. August 2017 – 20:30 Uhr von Jan Kappelhoff

Herr Fehlhauer, Sie sind nun seit einigen Wochen in Laggenbeck tätig. Fühlen Sie sich gut aufgenommen?

Nico Fehlhauer: Ja, absolut! Ich bin sehr herzlich aufgenommen worden. Das ganze Umfeld stellt sich so dar, wie ich es aus den Gesprächen kennengelernt habe. Ich bin weiterhin positiv überrascht über den Zusammenhalt in diesem Verein und die gute Zusammenarbeit zwischen den Mannschaften. Auch die gute Atmosphäre zum Vorstand ist hervorzuheben, ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Kreisliga-Verein so gut strukturiert ist und viele Dinge sehr, sehr gut laufen. Das macht viel Spaß. Die Mannschaft ist für einen Trainer das Wichtigste, aber das hat sich auch bewahrheitet, dass es eine junge Truppe ist, die Ziele hat und gut mitzieht bisher. Nach sieben, acht Wochen, die ich jetzt dabei bin, bin ich wirklich gut zufrieden und habe den Schritt auf keinen Fall bereut.

Ist es für Sie ein entscheidender Faktor, dass Sie sich wohlfühlen?

Fehlhauer: Für mich war das entscheidend. Nach vier Jahren Hollage hat die Anerkennung im Umfeld und teilweise auch im Vorstand ein bisschen gefehlt. Da hat man nicht mehr den Spaß an seinem Hobby gehabt. Das mit der Familie zu verbinden, war dann nicht einfach für mich, deshalb bin ich dort nicht mehr glücklich gewesen. Das lag nicht an der Mannschaft, das war eine charakterlich überragende Truppe. Aber für mich war der Schritt entscheidend, zu sagen: Ich muss einfach Spaß daran haben, auch wenn es eineinhalb Ligen weiter unten ist. In Laggenbeck war direkt klar für mich: Wenn Heiko Becker neun Jahre bei einem Verein ist, dann muss da vieles richtig laufen.

Als Spieler haben Sie höherklassig gespielt, bis zur Regionalliga Nord – wo sind die größten Unterschiede zur Kreisliga A jetzt?

Fehlhauer: Das ist natürlich schwer vergleichbar. In der dritten Liga habe ich damals das Glück gehabt, drei Jahre Profi sein zu dürfen und reinzuschnuppern. Da geht es um ganz andere Werte und Ziele als im Amateurfußball. Wenn man mit einigen Trainerkollegen spricht, dann merkt man das auch, dass sich die generelle Einstellung der jungen Leute zum Thema Fußball geändert hat. Im Profifußball oder oberen Amateurbereich ist das sicher kein Thema. Da werden die Spieler über die Möglichkeiten, die sie von den Vereinen bekommen, zur Einstellung gezwungen. Im unteren Amateurbereich, wo wie in Laggenbeck gar kein Geld gezahlt wird, hat sich die Einstellung zum Fußball im Vergleich zu früher schon deutlich verschlechtert. Heute müssen die Vereine viel mehr dafür tun, um die Jugendlichen zu begeistern und bei der Stange zu halten, damit mal ein Urlaub oder eine Party hinter dem Fußball anstehen.

Was unterscheidet den Spieler Nico Fehlhauer vom Trainer?

Fehlhauer: Ich glaube, dass ich als Trainer relativ ähnlich bin wie damals als Spieler. Ich war nicht der Filigrane, sondern musste mir vieles erarbeiten. Darüber hinaus stehe ich als Trainer auch für die Werte, die ich früher mitbekommen habe: Ich bin über den einfachen Fußball gekommen, über Einstellung, Laufbereitschaft. Das fordere ich auch als Trainer weiter ab. Ich bin kein Trainer, der jetzt total modern ist, sondern die alten Sachen von früher, die zählen heute immer noch. Auch wenn man sich als Trainer weiterentwickeln muss und den jungen Leuten etwas anbieten muss. Ich würde mich als ehrlich bezeichnen. Der Fußball ist immer noch einfach, es geht immer über Laufbereitschaft, über Zweikampfbereitschaft. Das wird in den nächsten 30, 40 Jahren auch noch so sein. Mit diesen Attributen, plus eine gesunde Mannschaftseinstellung, eine gute Kameradschaft konnte man vor 50 Jahren etwas gewinnen, kann das heute auch noch und wird das auch in der Zukunft noch tun. Alles wird der Mannschaft untergeordnet, die Mannschaft steht im Mittelpunkt und nicht der Einzelne.

In der Vorbereitung gab es für Cheruskia überzeugende Ergebnisse – haben Sie die Leistung in die Meisterschaft transportieren können?

Fehlhauer: Gegen Arminia war es ein Auftaktspiel, wie man es kennt, in dem der favorisierte Verein nicht so die Lockerheit gehabt hat. Da waren wir nicht so gut drauf, sodass ich sagen würden, da konnten wir sie nicht rübertransferieren. Gegen Dreierwalde, auch wenn es nur ein Unentschieden war und kein Sieg wie in der Vorwoche, fand ich, dass wir eine deutliche Leistungssteigerung hatten. Das war ein tolles Kreisliga-Spiel. Man kann in der Liga nirgendwo hinfahren und einfach nur sagen: Hier bin ich und ich gewinne die Spiele. Wir haben noch etwas Luft nach oben, aber der Start ist gut gelungen. Wir müssen noch überzeugender auftreten, aber auch vorsichtig sein, denn mit Arroganz wird das nicht funktionieren.

Wo sehen Sie den fußballerisch größten Verbesserungsbedarf?

Fehlhauer: Gerade am Freitag in Dreierwalde hat sich gezeigt, dass wir ein sehr gutes Umschaltspiel haben, aber der letzte Pass teilweise nicht angekommen ist. Wir hatten drei, vier hundertprozentige Torchancen, die wir cleverer ausspielen müssen. Die Mannschaft hat über 90 Minuten kaum eine Torchance zugelassen, aber belohnt sich einfach selbst nicht. Im eigenen Aufbauspiel spielen wir noch zu oft lange Bälle. Da müssen wir noch eine bessere Abstimmung kriegen, damit wir ein besseres einfaches, Kurpassspiel hinbekommen.

Einige Trainer haben Sie als Meisterschaftsfavoriten auf der Liste. Nehmen Sie das so an? Kümmert Sie das?

Fehlhauer: Mich kümmert das wirklich gar nicht, weil ich die Liga null einschätzen kann. Die Mannschaft bekommt das natürlich mit, die lesen auch Zeitung, aber wir haben darüber keine Diskussion in der Mannschaft. Wir haben intern klare Saisonziele besprochen. Es ist immer schön, wenn gegnerische Trainer Notiz von uns nehmen und uns etwas zutrauen, aber das lenkt uns nicht ab. Dieses Jahr hat sich ja gezeigt, dass es so viele verschiedene Meinungen gibt, dass es keinen klaren Favoriten gibt. In den letzten Jahren hat Heiko, vielleicht zusammen mit dem Verein, das weiß ich nicht, auch mal sehr offensiv eine Zielsetzung ausgegeben. Wie ich es mitbekommen habe, hat es der Mannschaft gar nicht immer gutgetan, sich selbst zum Meisterschaftsfavoriten zu erklären. Wir sind eine von vielen Mannschaften, die unter den ersten 5, 6, 7 mitspielen kann, vielleicht auch, wenn es gut läuft, ein bisschen weiter oben anzutickern, aber das ist dieses Jahr nicht das Ziel.

Quelle: ivz-aktuell.de, 23.8.2017 – Jan Kappelhoff (Autor)©ivz.medien GmbH & Co. KG , alle Rechte vorbehalten